Hier geht’s um die Wurscht
725 Jahre Stadt Lobeda – Lobedaer Wurst war von jeher von ausgezeichneter Qualität und auch bei Jenaern beliebt – Teil 7
Von Lutz Kästner, Lobeda- Altstadt
Spiele beim Lobschen Wurschtfest (Foto: OTZ) Notgeldschein der Stadt Lobeda
Jena (OTZ) Bereits im Jahr 1495 ist im Erbbuch des Amtes Burgau von einer Fleischbank (Fleischerei) in der Stadt Lobeda die Rede. Es muss also bereits zu dieser Zeit Fleischereien in der Stadt Lobeda gegeben haben. Ob diese allerdings schon damals so einen guten Ruf für ihre Erzeugnisse gehabt haben wie in späterer Zeit, ist nicht überliefert. Aus dem Jahr 1753 ist bekannt, dass die Lobedaer Fleischer in diesem Jahr 93 Rinder, 52 Schweine, 1585 Kälber, 1492 Schöpse, 181 Lämmer, und 21 Böcke für Jena geschlachtet und auf dem Jenaer Wochenmarkt verkauft haben.
Als „Wurschtlobde" war die Stadt Lobeda seit dem Achtzehnten Jahrhundert lange Zeit gut bekannt. Große, hier ansässige Fleischereien und Wurstfabriken, exportierten ihre Wurstwaren bis nach England. Sehr. beliebt war eine spezielle Sorte Dauerwurst nach Lobedaer Geheimrezept, die ohne Probleme lange Zeit haltbar war und besonders gut schmeckte. So bekannte, ehemalige Lobedaer Fleischereien wie C/ R. Rodigast, Großfleischerei mit 10 Fleischergesellen, Marktstraße 17/18,
Otto Rodigast, Marktstraße 23, Edmund und Karl Lemser, Kirchberg/ heute Susanne-Bohl- Straße 3, Otto Fuchs, Kirchberg/heute Susanne- Bohl- Straße 12, Anna und Fritz Burghardt, Gasthaus , „Zu den Löwen", Jenaische Straße 25 (hier steht noch heute an der Giebelwand „Fleischerei und Wurstfabrik" zu lesen),
Fritz Arper, Jenaische Straße 35, Karl und Fritz Thurm, Marktstraße 20, Karl und Bruno Wolter, Gasthaus „Zur Ente", Marktstraße 27,
Amandus und Karl Zipfel, Marktplatz/ heute Rathausplatz 7, haben mit ihren hervorragenden Produkten die Stadt Lobeda weit über ihre Grenzen hinaus bekannt gemacht.
Diese Lobedaer Fleischereien besaßen aber auch das Privileg, auf dem Jenaer Wochenmarkt ihre Produkte feilzubieten, allerdings mit einer Bedingung. Zu jedem Wochenmarkt musste mindestens ein Vertreter der Lobedaer Zunft auf dem Wochenmarkt in Jena anwesend sein, sonst wäre dieses Vorrecht verlustig gegangen. Das galt auch noch im Jahr 1909.
Als die Saale im Frühjahr, infolge Hochwassers, über die Ufer getreten war, musste sich trotzdem ein Lobedaer Fleischer auf den beschwerlichen Weg nach Jena machen und seine Ware feilbieten. Die damals einzige Straße über Wöllnitz (heute Stadtrodaer Straße) nach Jena, war wegen des Hochwassers unpassierbar und so suchte er sich durch die Fluten seinen Weg. Das Privileg, Wurstwaren auf dem Jenaer Wochenmarkt zu verkaufen, durfte für die Lobedaer Fleischer nicht verloren gehen und so musste einer in den saueren Apfel beißen. Ausnahmen bildeten nur Kriegszeiten. So waren die Lobedaer Fleischer nach dem Ersten Weltkrieg erstmals wieder am 5. Februar 1921 auf dem Jenaer Wochenmarkt und hatten auch ihre Bratwurstbude wieder aufgebaut.
Die ausgezeichnete Qualität der Lobdschen Wurscht veranlasste den Gemeinderat der Stadt Lobeda im Jahr 1921 dazu, einen Geldschein des Lobedaer Notgeldes diesem Erzeugnis zu widmen. Auf dem 10- Pfennig- Schein wurden die Sprüche:
„Lobdsche Wurscht ist weltbekannt, Wurscht- Lobde ward die Stadt genannt" und „E jedes Ding e Ende hat, die Worscht gar ehrer zwee, nur die Entente Nimmersatt, die find kee Ende meh".
Die alte Tradition der „Lobdschen Wurscht" hat der Feuerwehrverein e. V. Lobeda und der Carnevalsclub 59 e. V. Lobeda wieder aufleben lassen.
Am 13. Juni 2004 wurde das erste Lobdsche Wurschtfest gefeiert. Dieses jährliche Fest für die Bürgerinnen und Bürger Lobeda- Altstadts und die vielen Gäste aus nah und fern mit Bühnenprogramm, Kinderbelustigungen, Bratwurstschmaus und Erbsensuppe aus der Gulaschkanone, Wurstwettessen, Olteimer- Ausstellung usw., hat viele Freunde gefunden.
Hier sind heute auch die Fleischereien Tino Steffenhangen aus Lobeda und Rene Wohlgezogen aus Rutha präsent und bieten ihre Wurstwaren, hergestellt nach alten Lobedaer Hausmacherrezepten, zum Verkauf an. Den beiden Lobedaer Vereinen ist Lob und Anerkennung dafür zu zollen, dass sie diese alte Tradition haben wieder aufleben lassen und pflegen, sodass diese Veranstaltung ein fester Punkt im Lobedaer Veranstaltungskalender geworden ist.
OTZ Jena 8. Mai 2009